Der Goldene Wurf? - SF Express plant mit europäischem Drehkreuz in Leipzig/Halle ab 2020

Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Mit SF Express plant einer der größten chinesischen Expressdienstleister ab 2020 sein europäisches Drehkreuz am Airport zu errichten, Leipzig/Halle soll somit der zentrale Umschlagplatz für Expressfracht zwischen Europa und der Volksrepublik werden. Am Flughafen träumt man nun schon von utopisch klingenden Wachstumszahlen ... - doch was ist an diesen Planungen wirklich dran?

Der scheidende sächsische Ministerpräsident Tillich reiste vergangene Woche gemeinsam mit Johannes Jähn, dem Geschäftsführer des Flughafen Leipzig/Halle, und über 80 weiteren Vertretern nach China, um dort für die Region und den Logistikstandort zu werben. Dies geschah in der Vergangenheit bekanntlich schon öfters, doch bis auf Partnerschaften zwischen Verbändern, Unternehmen und anderen Airports sind dabei augenscheinlich keine anderen Ergebnisse zustande gekommen. Doch nun wurde ein Deal bekannt gegeben, der die Zukunft des Airports nachhaltig beeinflussen könnte ...

Erfolgsgarant oder gar Luftnummer?

Bisher wurde zwar "nur" eine Grundsatzvereinbarung unterzeichnet, doch das heißt nicht, dass diese Planungen bald wieder vergessen sein werden. Politisch wird dieses Vorhaben durch eine Kooperation von Sachsen und der Provinz Hubei, hinter der auch die Regierung in Peking steht, getragen. Auch SF Express ist keine Modeerscheinung: Sie ist praktisch der Haus - und Hofcarrier vom stark expandierenden Onlinehändler Alibaba und eines der größten Expressunternehmen auf dem asiatischen Kontinent.

Warum fiel die Wahl auf Leipzig/Halle?

In den Vorverhandlungen standen scheinbar auch die Airports in Krakau und Amsterdam zur Diskussion, die Wahl fiel nicht zuletzt wegen der Etablierung im Expressfrachtgeschäft auf Leipzig/Halle. Mit der Erfahrung der Sachsen soll in China nun innerhalb weniger Jahre ein neuer Frachtflughafen gebaut werden, danach wird der Fokus nach und nach auch auf Europa gelegt werden. Der Airport konnte dabei, wie zuvor schon bei der Ansiedlung von DHL, von seiner zentralen Lage in Europa profitieren.


G-FCLA Boeing 757-2Q8


Wie stark wird das Engagement am Airport ausfallen?

Natürlich gibt es nun viele Spekulationen und Gerüchte darüber, wie sich das Engagement von SF Express in Leipzig/Halle ab 2020 bemerkbar machen wird. Johannes Jähn selbst spricht von einem durch den Deal ermöglichten Wachstumspotenzial von 50 bis 70%. Bevor wir uns allerdings verfrüht mit solchen Prognosen auseinandersetzen, sollten wir vorerst die zukünftigen Entwicklungen abwarten - klar, der Geschäftsführer weiß vermutlich schon etwas mehr. ;-) Falls SF Express tatsächlich Leipzig/Halle zum Europadrehkreuz machen sollte, wird man - so wäre fürs erste zumindest meine Theorie - zuerst eine Verbindung von "Wuhan 2" nach Sachsen etablieren und dann versuchen, innerhalb von Europa die wichtigsten Strecken selbst zu bedienen.  Ob dafür ein eigenes Logistikzentrum notwendig sein wird, oder ob man zu Beginn die vorhandenen Strukturen am Airport nutzen wird, ist bisher noch nicht bekannt. Denn was die Chinesen mit Leipzig/Halle nun wirklich genau planen, ist bisher noch nicht klar geworden ...

Fazit: Es bleibt defintiv spannend!

In Stein gemeißelt ist die Umsetzung dieses Projektes noch nicht, doch es wird sowohl politisch als auch wirtschaftlich von beiden Seiten getragen. Für den Airport ist es bereits insofern ein Erfolg, überhaupt einen Fuß in die Tür bekommen zu haben. Wenn weiterhin weder der Expressfracht, dem Onlinehändler Alibaba noch der chinesischen Wirtschaft ernsthafte Wachstumsgrenzen gesetzt sein werden, könnte man in einen paar Jahren vielleicht wirklich von einem "goldenen Wurf" sprechen - bis dahin heißt es (leider) einfach nur: Abwarten!

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Kommentare: 6
  • #1

    Thomas Döring, Leipzig (Sonntag, 19 November 2017 17:57)

    Endlich mal wieder ein gut informierender Blogbeitrag aus dem "Hause Nico" und dann noch so etwas Erfreuliches zur Zukunft unseres Airports. Klasse erstellt!!!
    Thomas Döring, Leipzig

  • #2

    Ritschi (Sonntag, 19 November 2017 20:38)

    Grüße,
    wenn wir schon bei Fracht sind , wie geht es eigentlich mit Antonov weiter?

  • #3

    Falk Wehner (Mittwoch, 22 November 2017 14:00)

    Nun kommt ja scheinbar noch eine Passagierverbindung nach Chongquin auch noch dazu und das schon ab nächstes Jahr. Hoffentlich nicht so ein Rohrkrepierer wie die Verbindungen der PIA nach Karatschi und New York. Aber die Chinesen sind professioneller, die machen das schon.

  • #4

    Nico (Donnerstag, 23 November 2017 08:58)

    @Ritschi: Antonov wurde in den ukrainischen Staatskonzern Ukroboronprom integriert, das Unternehmen bleibt entgegen einiger fragwürdiger Meldungen allerdings wie gewohnt erhalten. Seit der Trennung der beiden SALIS Partner am LEJ, kommt Antonov zwar nun seltener, gehört aber weiterhin zum Bild des Airports dazu.

    @Falk: Die Geschichte mit der Passagierverbindung nach Chongquing finde ich sehr fragwürdig, deswegen wird es von mir vorerst wohl auch keinen Blogartikel dazu geben. Meiner Meinung nach war es ein Fehler des Freistaates, des Airports und der Medien, diese Verbindung schon als Fakt darzustellen. Möglicherweise hat man aus PIA nichts gelernt ...

  • #5

    Marvin (Donnerstag, 23 November 2017 16:57)

    Ich las letzte Woche etwas über eine angebliche Verbindung nach Paris ab Sommer nächsten Jahres mit Air France! Ist da etwas dran?

  • #6

    Nico (Donnerstag, 23 November 2017 19:49)

    Hallo Marvin,

    das sind für den Moment noch Gerüchte - buchbar ist noch nichts. Wenn es etwas handfestes geben sollte, gibt es dann auf jeden Fall einen Blogartikel von mir. ;-)

    Grüße, Nico